Im Gesprächskreis hatte man sich wiederholt mit der jüngeren Geschichte von Berlin befasst und brach dann natürlich zu einer gemeinsamen Reise nach Berlin auf:
Von der Alten Dorfkirche in Berlin-Tempelhof, das lange vom Templerorden geprägt war, bis zum Friedhof mit dem Grab von Moses Mendelsohn, dem Philosophen und Reformer, reichte der erste Kontakt mit Alt-Berlin. Das sprühende Berlin erlebten wir in „Clärchen´s Ballhaus“ mit dem morbiden Charme der 20er Jahre. Hier gibt´s die besten Bouletten Berlins und gleichzeitig üben Paare auf der Tanzfläche Cha-Cha und Walzer. Die Kommandos des Tanzlehrers übertönten teilweise unsere Gespräche. Aber genau das macht den Reiz dieses Lokal aus und zieht nicht nur die Berliner an.
Am nächsten Tag stand eine Führung durch Moabit auf dem Programm: „ Von der Hugenottenstadt zum Industriequartier“. Über die Spree wurde bis 1969 Milch in die Maierei Bolle verschifft und von dort weiter in Berlin weiter verteilt. Nebenan war das Borsig-Gelände, auf dem Dampfmaschinen produziert wurden. Auch die Brauerei Schultheiß braute in Moabit. Alles Vergangenheit. Heute gibt es neben den klassizistischen Herrschaftshäusern mit einladenden Treppenhäusern moderne Bürogebäude und Spielplätze. Am Nachmittag war Zeit für eine Spreefahrt durchs Regierungsviertel oder ein Ausflug nach Potsdam mit dem Russischen Viertel . Auch Kultur kam nicht zu kurz. Entweder hochklassiges Varieté im Friedrichstadtpalast , ein Liederabend mit Merit Becker oder freches Kabarett in der „Distel“.
Am Samstag früh fuhren wir mit der U-Bahn nach Berlin-Mitte auf den Spuren der „Finanzkultur vom 19. Jahrhundert bis heute“. Angefangen vom Bankhaus Mendelsohn, zur Reichsbank bis zur Deutschen Bank. Dies pflegte enge Geschäftsbeziehungen zur Firma Siemens und hat u.a. die Bagdad-Bahn finanziert. Anschließend fuhren wir nach Kreuzberg mit seiner lebendigen Multi-Kulti Lebensart. Am Abend besuchten wir das Buchantiquariat von Freuden von Eva und Heiner , die sie aus ihrer Berliner Zeit gut kannten. Zwischen all diesen Büchern ließ sich gut diskutieren über die 68 er- Jahre bis heute. Berlin war in der 68ern ein Zentrum der Studenten-Unruhen, was Einzelne mit persönlichen Erlebnisse bestätigen konnten. Im Rückblick wird manches idealisiert, aber auch relativiert.
Am letzten Tag fand man sich schließlich entsprechend persönlicher Vorlieben in kleinen Gruppen zusammen, – z. B. zum Konzert mit Streichquartett im Bode-Museum oder zum Gottesdienstbesuch im Dom. Oder zur Führung im Neuen Museum von Tut-Ench-Amon bis Nofetete oder beim Tyrannosaurus-Rex im Naturkundemuseum…
Dieses besondere Gemeinschaftserlebnis im vibrierenden Berlin werden wir nicht so schnell vergessen…(hs)